Das Literaturgespräch entfällt entsprechend der aktuellen Corona-Maßnahmen. Die Veranstaltungen werden nach Möglichkeit Anfang 2021 nachgeholt.
Esther Kinsky: Schiefern
Moderation: Annette Pehnt
Auf die Slate Islands führt Esther Kinskys neuer Gedichtband, eine kleine Inselgruppe vor Schottlands Westküste. Die Gedichte und kurzen Prosatexte in „Schiefern“ (Suhrkamp, 2020) erkunden die geologische Frühgeschichte und Eigenart des metamorphischen Gesteins der Inseln, widmen sich der Flora und den Vögeln dieser unwirtlichen Gegend und streifen die Geschichte der in die harte Arbeit des Schieferabbaus eingebundenen Menschen. Sie fragen nach Erinnerung, die ein ähnlicher „Metamorphit“ ist wie der Schiefer, ein Schichtwerk in Bewegung, unvorhersehbaren und schwer nachvollziehbaren Wandlungen unterworfen.
„Esther Kinsky ist eine europäische Schriftstellerin und Übersetzerin, die sich in ihrer Arbeit der Erkundung und Überwindung der Fremde verschrieben hat: Der Fremde als existenzieller, menschlicher Erfahrung, der Fremde zwischen benachbarten Sprachen und Literaturen. In ihren Texten reist sie an Peripherien, um etwas zur Sprache zu bringen, in Sprache zu übersetzen, das zumeist unbeachtet bleibt, und aus unserer allgemeinen Wahrnehmung verdrängt wird: Das scheinbar Unwichtige, Vergängliche, Aufgelassene, die Bruchhalden, die Totenhaine, die Unergründlichkeit von Naturerscheinungen“, heißt es in der Begründung für den Erich-Fried-Preis, den Kinsky in diesem Jahr ebenso erhält wie den Christian-Wagner-Preis.
Judith Zander: Johnny Ohneland
Moderation: Thomas Geiger
Joana Wolkenzin weiß früh, dass sie anders ist. Sie liest stundenlang, lernt Songtexte auswendig, verliebt sich in Jungs und in Mädchen – und gibt sich einen neuen Namen: “A girl called Johnny who / Changed her name when she / Discovered her choice was to / Change or to be changed”. Aber ein neuer Name ist noch lange kein neues Leben, und so macht sich Johnny auf die Reise, auf die Suche nach ihrer eigenen Geschichte.
Nach ihrem Romandebüt „Dinge die wir heute sagten“, das mit Sprach- und Stimmenvielfalt ein Dorf in Vorpommern porträtiert, erzählt Judith Zander mit „Johnny Ohneland“ (dtv, 2020) von einem Aufbruch: von Identifikation und Revision, Pommerland und Niemandsland, Vaterland und Terra Incognita. „Eine Meisterin des Uneindeutigen“ nannte sie die Jury des Anke Bennholdt-Thomsen-Lyrikpreises 2017. Die Gedichte ihrer beiden Bände „oder tau“ und „manual numerale“ sind „doppelbödige Zauberstücke“ (FAZ). Und wie ihre vielfach ausgezeichnete Lyrik sprüht auch dieser Roman vor Lust an der Sprache, mit Einsprengseln aus dem Englischen, dem Plattdeutschen, der Populärkultur, vor Variationsreichtum und origineller Metaphorik.
Dorothee Elmiger: Aus der Zuckerfabrik
Moderation: Martin Bruch
Einladung an die Waghalsigen – unter diesem Motto eröffnete am 22. Oktober 2017 das Literaturhaus in Freiburgs Stadtmitte. Entlehnt war es dem kühnen Debütroman der Schweizer Autorin Dorothee Elmiger, der u. a. den Aspekte-Literaturpreis für das beste deutschsprachige Prosadebüt erhielt. 2014 folgte der vielbeachtete Roman „Schlafgänger“, zum Literaturgespräch bringt Elmiger nun „Aus der Zuckerfabrik“ (Hanser, 2020) mit.
„My skills never end“ steht auf dem T-Shirt eines Arbeiters, der gerade seinen Lohn ausbezahlt bekommt. Am Strand einer karibischen Insel steht der erste Lottomillionär der Schweiz und blickt aufs Meer hinaus. Nachts drängen sich Ziegen am Bett der Autorin. Dorothee Elmiger folgt den Spuren des Geldes und des Verlangens durch die Jahrhunderte und die Weltgegenden. Sie entwirft Biografien von Mystikerinnen, Unersättlichen, Spielern, Orgiastinnen und Kolonialisten, protokolliert Träume und Fälle von Ekstase und Wahnsinn. „Aus der Zuckerfabrik“ ist die Geschichte einer Recherche, ein Journal voller Beobachtungen, Befragungen und Ermittlungen. Ein Text, der den Blick öffnet für die Komplexität dieser Welt.
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Foto Dorothee Elmiger: © Peter-Andreas Hassiepen
Datum: 07.11.2020, 10–13 Uhr
Ort: Historisches Kaufhaus, Münsterplatz 24
Eintritt: 5 Euro (für alle drei Lesungen)