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Nach dem Tod Hans Jürgen von der Wenses (1894–1966) hat man angeblich 60.000 Nachlassseiten, 258 Messtischblätter, 40 Kompositionen, 3000 Fotos und tausende Briefe gefunden. Der hochbegabte Autodidakt übersetzte und dichtete, komponierte und forschte, beschäftigte sich mit Astrologie, Meteorologie und Kartografie. Vor allem aber wanderte er. Mehr als 40.000 Kilometer soll er zurückgelegt haben. Diesen ekstatisch Umherstreifenden stellt Christian Schulteisz ins Zentrum seines Romandebüts „Wense“ (Berenberg, 2020). Angelehnt an die historische Person erzählt er von einem allwissenden Taugenichts, der plötzlich taugen soll.
1943 muss Wense in Göttingen Kriegsersatzdienst leisten – in den Physikalischen Werkstätten. Schulteisz skizziert Wenses wachsende Freundschaft zu einem französischen Physiker, das enge Verhältnis zur Mutter, Hunger und Krankheit, Krieg und Wahnsinn. Vor allem aber beschreibt er ein Staunen, das sich leidenschaftlich in Gedanken und Büchern verliert, eine Wahrnehmung, in der alles mit allem verbunden ist. Deutsche Landschaften sind Wense ebenso heilig wie die Sagen und Mythen der Cherusker, Maya oder Osmanen, wie Sterne, Steine, Tiere – eben alles andere, was es zu entdecken gilt. Und so wandelt sich auch die Lektüre dieses schmalen Romans zur staunenden Beobachtung.
Moderation: Katharina Knüppel
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Foto: © Ramune Pigagaite
Datum: 06.11.2020, 18:00
Ort: Literaturhaus Freiburg, Bertoldstraße 17
Eintritt: 5 Euro